Bahlinger SC vs KSV Hessen Kassel 5:4

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Zusammenfassung

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Der Unterhaltungswert von Spielen mit Beteiligung des Bahlinger SC lässt sich derzeit auf einen Nenner bringen: Spektakel. Dessen waren sich BSC-Trainer Axel Siefert und sein Gegenüber einig.

Keine Frage, diese mitreißende Partie, die vielleicht letzte im Kaiserstuhlstadion für das Kalenderjahr 2020, hätte unter normalen Umständen mehr Publikum verdient gehabt als jene 460 Zuschauer, die gemäß der am Wochenende noch gültigen Corona-Verordnung des Landes eingelassen werden durften. Auf der Ponderosa herrschten erneut Maskenpflicht und Alkoholverbot. Für ein rauschhaftes Erlebnis reichten die denkwürdigen Darbietungen der 22 Akteure auf dem Feld allemal aus. Zumal sich für die Gastgeber alles zu einem Happy-End fügte: Hasan Pepic verwandelte eine Minute vor Ende der regulären Spielzeit einen Elfmeter mit Wucht und Präzision zum 5:4-Endstand.

Schwer zu fassen war deshalb diese Niederlage für KSV-Trainer Tobias Damm. Dreimal hatte seine Mannschaft einen Rückstand ausgeglichen, dabei innerhalb von zehn Minuten ein 2:4 egalisiert. Dennoch musste der Aufsteiger und ehemalige Zweitligist, der über seinen Mittelfeldmotor Alban Meha und den dreifachen Torschützen Lukas Iksal von Beginn an den Vorwärtsgang einlegte, mit leeren Händen die Heimreise antreten. „Für mich war das definitiv kein Elfmeter“, beurteilte Damm das vermeintliche Foul von Ingmar Merle am eingewechselten Bahlinger Tobias Klein, von kundigen Schiedsrichterexperten auf der Tribüne als Kann-Sanktion eingestuft. „Aber es war abzusehen, dass der Schiedsrichter einen pfeift“, sagte Damm – und unterstellte damit Referee Jan Dennemärker eine Konzessionsentscheidung, nachdem das 3:4 aus abseitsverdächtiger Position und der 4:4-Ausgleich durch den 37-jährigen Mahir Saglik, dem früheren Zweitliga-Torschützenkönig des SC Paderborn, ebenfalls per Strafstoß gefallen war (Zangen-Einsatz im Strafraum von Ylber Lokaj und Yannick Häringer gegen Iksal).

Der Frust der Verlierer schmälert indes nicht die überragende kämpferische Leistung der Bahlinger. Am Ende ihrer Dritten Englischen Woche in Folge gingen sie erneut über die Schmerzgrenze, zeigten unglaublicher Nehmer-Fähigkeiten und glaubten bis zum Schluss an eine Siegchance. Axel Siefert lobte die „unfassbare Mentalität, einen Willen und Teamgeist, der alle technischen und taktischen Vorgaben überspielt“. In der Tat schaut es gerade beim Abwehrverhalten höchst bedenklich aus. Keine Mannschaft in der Regionalliga hat nach zwölf Spielen so viele Gegentore einstecken müssen wie der Tabellenachte vom Kaiserstuhl (31). „Und doch ist die Mannschaft in sich so gefestigt, dass sie ihre Achillesferse Defensive wettmacht“, sagte Siefert.

Abnutzungserscheinungen nach Mammutprogramm

Für Rico Wehrle, der wie schon beim 3:4 gegen den SC Freiburg II am vergangenen Mittwoch als Torvorbereiter über die rechte Seite glänzte, ist die eigene Anfälligkeit „ein Mix aus fehlender Kraft und Konzentration“. Die Vielzahl der Spiele, sieben in den vergangenen drei Wochen, habe zu Abnutzungserscheinungen geführt. Und dann überfiel Kassel die Bahlinger Abwehr vor allem über die Außenpositionen. „Hier hatten wir am Anfang Unterzahl“, so Wehrle. Dies besserte sich erst, als die Bahlinger auf ein 5-4-1-System umstellten. „Und doch geht es im Moment zu einfach, das ist auch eine individuelle Geschichte“, so der 27-jährige Sporttherapeut, für den aber „über allem steht, wie wir trotzdem immer wieder zurückkommen“.

Mit ihrer großen Moral versetzt die Mannschaft momentan Berge. Sie profitiert zudem von der Treffsicherheit ihres Angreifers Santiago Fischer, der sein Saisonkonto auf neun Treffer ausbaute, nach einer halben Stunde jedoch mit Verdacht auf einen Muskelfaserriss in der Leiste ausgewechselt werden musste. Amir Falahen (fünf Tore bei acht Einsätzen) und Tim Probst zeigten bei ihren Treffern jedoch, dass es in der Offensive durchaus Alternativen zu Fischer und dem verletzt fehlenden Shqipon Bektasi gibt.

2:6 bei Stuttgart II, 4:3 gegen Schott Mainz, 2:2 in Stadtallendorf (beide BSC-Tore in der Nachspielzeit), 3:4 in Freiburg und nun 5:4 gegen Kassel – die Abfolge der jüngsten BSC-Spiele gleicht einem Dauerabo für Achterbahnfahrten im Europapark, wobei das Neun-Tore-Festival gegen Kassel als vorläufiger Rollercoaster-Höhepunkt mit dem Ball als Flipperkugel eingeht. Angesichts der Vielzahl an Möglichkeiten auf beiden Seiten wäre auch ein 7:6 oder 8:8 möglich gewesen.

Gut möglich, dass dieses nervenaufreibende Spiel den Schlussakkord eines zerfurchten Corona-Spieljahres 2020 bildet. Die Regionalliga Südwest sagte den 13. Spieltag, der bereits an diesem Dienstag und Mittwoch stattfinden sollte, ab. Wie es darüber hinaus im Lockdown-light-November weitergeht, ist noch offen (siehe nebenstehende Artikel). Klar ist nur: Zu Hause machen die Bahlinger ihr Zeug. Mit fünf Siegen aus sechs Heimspielen hat kein Regionalligist daheim mehr Punkte geholt.

BSC: Geng; Lokaj, Alihoxha, Gbadamassi; Wehrle, Häringer, Pepic, Siegert; Bischoff (71. Klein); Fischer (31. Probst), Falahen (78. Novakovic). Tore: 1:0 Fischer (4.), 1:1 Iksal (11.), 2:1 Fischer (13.), 2:2 Iksal (24.), 3:2 Falahen (37.), 4:2 Probst (52.), 4:3 Iksal (56.), 4:4 Saglik (66./FE), 5:4 Pepic (89./FE). SR: Dennemärker (Saarwellingen). ZR: 460.

Foto: Fritz Zimmermann

Austragungsort

Kaiserstuhlstadion