

Zusammenfassung
Der Spielbericht wird präsentiert von:
Die Ess- und Trinkkultur treibt rund um das Fußballareal des Bahlinger SC bekanntlich besondere Blüten. Auch wenn die legendäre Stadiongaststätte Ponderosa in zuschauerfreien Coronazeiten verrammelt wie ein unscheinbarer Flachbau wirkt, kam Thomas Sobotzik am Samstag irgendwie auf den Geschmack. Der Geschäftsführer von Kickers Offenbach verglich den kapitalen 6:1 (5:0)-Erfolg, mit dem seine Mannschaft in der Regionalliga gerade über die Bahlinger hinweggefegt war, mit dem Trägheitseffekt einer Ketchupflasche: „In den letzten Wochen hatten wir sie viel geschüttelt“, sagte Sobotzik. „Heute ist alles rausgekommen.“ Ein Schwall Offenbacher Spielfreude ergoss sich über den Bahlinger SC, deren Spieler wie Pommesstäbchen verschluckt wurden. Oder wie es BSC-Trainer Axel Siefert ausdrückte: „Wir haben uns einfach überrollen lassen.“
Im Grunde war das genaue Gegenteil einer torreichen und einseitigen Partie zu erwarten gewesen. In ihren sechs Spielen nach dem Jahreswechsel hatten die Bahlinger gerade ein einziges Gegentor zugelassen. Doch die vielbeschworene neue Defensivstabilität stürzte mit dem 0:1 nach nicht mal vier Minuten durch einen Kopfball von Malte Karbstein, der Gegenspieler Maximilian Faller um eineinhalb Köpfe übersprang, wie ein Kartenhaus zusammen. Kurz nach der Halbzeit lagen die Gastgeber 0:6 hinten. Umgekehrt hatte es beim OFC schon leicht rumort, weil der ewig aufstiegsambitionierte Traditionsverein, der immerhin auf sieben Erstligajahre zurückblicken kann, in den vergangenen drei Regionalligapartien nur einen mickrigen Treffer zustande gebracht hatte. Bis die rote Soße den grünen Bahlinger Kunstrasen überschwemmte.
Es kam eine Menge zusammen an diesem durch Saharastaub zusätzlich verdüsterten Nebelwintertag. Obstfreund Sobotzik hatte zum Einstand von Sreto Ristic einen Tag vor Silvester gefordert, dass der neue Kickers-Trainer „alles aus der Mannschaft rausquetschen soll wie aus einer Zitrone“. Nichts anderes taten die mintgrün gedressten Gäste, die vor der Pause sehr effektiv zuschlugen und nach dem am Dienstag abgesetzten Spitzenspiel gegen den FSV Frankfurt so frisch und tatendurstig wirkten, dass BSC-Coach Siefert dafür die Worte „Gier“ und „Rausch“ fand, denen seine Mannschaft an diesem Tag nicht viel entgegenzusetzen hatte.
Der Spielverlauf ließ das Pendel zusätzlich zugunsten der Hessen ausschlagen. Denn Amaury Bischoff hätte nach einem Fehler des Offenbachers Charles-Elie Laprevotte zum 1:1 aus BSC-Sicht antworten können (19.). „Wenn Amaury hier das Tor macht, wird es ein anderes Spiel“, schätzte der Elsässer Laprevotte, der fußballerisch beim SC Freiburg ausgebildet wurde, die Chance seines Landsmanns ein. Doch Bischoff, an dessen Seite Laprevotte 2015/16 bei Preußen Münster in der dritten Liga gespielt hatte, zielte freistehend aus elf Metern genau auf OFC-Keeper Stephan Flauder. „Im Normalfall macht er den blind“, seufzte Siefert.
Nachdem Flauder auch beim besten Bahlinger Angriff rechtzeitig vor dem einköpfbereiten Amir Falahen zur Stelle gewesen war (23.), grätschte im Gegenzug Manolo Rodas den Ball bei einer Rettungsaktion unglücklich vor die Füße von Mathias Fetsch, der sich mit dem 2:0 bedankte. Damit war frühzeitig der Deckel drauf.
Seine Spieler seien wie das Kaninchen vor der Schlage erstarrt, erkannte Siefert: „Sie schauten zu, bis die Schlange zupackte.“ Dass im Bahlinger Spiel die Sicherheit fehlte, die Akteure oftmals einen Schritt zu spät kamen und dann nur die Rücklichter des Offenbacher Fußball-Expresses sahen, lag auch an der Verletzungsproblematik, die das erfolgreiche Team der vergangenen Wochen sprengte. Torhüter Marvin Geng (Adduktoren), Angreifer Shqipon Bektasi (Muskelprobleme) und Mittelfeldspieler Rico Wehrle, dessen Knieverletzung aus dem Spiel am Mittwoch gegen Aalen (0:0) wohl doch „nur“ eine starke Innenbanddehnung ist, mussten von draußen zuschauen. Während des Spiels kamen Blessuren bei Falahen, Faller und Hasan Pepic (fehlt am kommenden Samstag bei Hoffenheim II wegen seiner fünften Gelben Karte) hinzu. Definitiv sei die hohe Trainings- und Spielfrequenz auf Kunstrasen eine Belastung für die Spieler, räumte Siefert ein.
Das 1:6 gegen Offenbach war das dritte Heimspiel auf Kunstrasen in sieben Tagen. Wenn in zwei Wochen die TSG Balingen im Kaiserstuhlstadion gastiert, sehnen alle eine Rückkehr auf das besser dämpfende Naturgrün des Hauptspielfeldes herbei. Ketchup und Zitronensaft soll es erst dann wieder geben, wenn nach der Pandemie die „Ponde“ öffnet.
Austragungsort
Kaiserstuhlstadion |
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